Sellin - Rügen

Der Rasende Roland

Dienstag, 28.09.2021

Übersichtskarte Bahnstrecke Rasender Roland (Quelle: openstreetmap, Lizenz CC-BY-SA 2.0).

Übersichtskarte Ostseebad Sellin (Quelle: openstreetmap, Lizenz CC-BY-SA 2.0).

 

Um niemandem auf die Füße zu treten, verlassen wir den Parkplatz von Karls Erlebnisdorf in Zirkow gegen 07:30 Uhr. Außer uns stand lediglich ein Womo auf dem Parkplatz. Wir haben uns hier richtig wohl und sicher gefühlt und überlegen schon, ob wir nicht noch eine Nacht hier verbringen sollen. 

Jetzt geht es aber erst einmal in das Seebad Sellin. Einen Womo-Parkplatz zu finden ist in Innenstadtnähe genauso schwierig wie in den meisten andern Ostseebädern auch. Allerdings gibt es zumindest für Michael einen mehr als geeigneten Parkplatz an der südöstlichen Stadtgrenze. Mit Strandnähe kann zwar auch dieser Platz nicht glänzen, noch nicht einmal mit absoluter Ruhe, denn er liegt unweit der Bundesstraße B 196. Allerdings kostet die Übernachtung für Womos hier lediglich 5 € und jenseits der Bundesstraße verläuft parallel zu dieser die einspurige Bahnstrecke des „Rasenden Roland“, einer mit Dampfloks betriebene Schmalspurbahn, die zwischen der Stadt Göhren im Osten und der Station Lauterbach Mole im Westen Ostrügens verkehrt. Das Schöne für Eisenbahnfreunde ist nun, dass der zuerst in der Station Sellin Ost eintreffende Zug warten muss, bis auch der Gegenzug in den Bahnhof eingefahren ist, weil die Strecke ansonsten nicht frei ist. Hierdurch hat man wesentlich mehr Zeit, Fotoaufnahmen zu machen. Und die Züge fahren natürlich den ganzen Tag vor der Nase vorbei - wunderbar.

Von Zirkow sind es ja nur ein paar Kilometer bis Sellin, also frühstücken wir dort und beobachten während des Frühstücks schon mal die Bahnstrecke. Da die Lokführer wohl gehalten sind, vor jedem unbeschrankten Bahnübergang Signal zu geben und eine Dampfmaschine nun einmal Dreck macht und zudem jede Menge Zischgeräusche von sich gibt, ist der Parkplatz nichts für empfindliche Gemüter. Nachts ist es jedoch ruhig und der Verkehr auf der Bundesstraße war zumindest in der Nebensaison erträglich.

Vom „Rasenden Roland“ können wir später noch Fotos machen. Zunächst einmal wollen wir uns Sellin ansehen und danach entscheiden, ob wir hier übernachten wollen. Unmittelbar nördlich grenzt an den relativ großen Parkplatz ein kleiner Park an. An diesen wiederum schließt nordwestlich eine Kleingartenanlage an, in der man in der Gaststätte Inselfrieden gut und günstig essen kann. Von hier aus ist es noch etwas mehr als ein Kilometer bis an den Ostseestrand, also wirklich eine überschaubare Strecke mit geringen Höhenunterschieden und somit für die Allermeisten fußläufig zu bewältigen.

Sellin ist etwas kleiner als Binz und nicht ganz so mondän. Wie in den übrigen Bädern trifft man auch hier auf zahlreiche, um 1900 errichtete Villen, und in dieser Beziehung sind die verschiedenen Bäder auch wirklich austauschbar, was man vor Ort selbstverständlich streng zurückweisen wird.

Wir fühlen uns hier wohler, haben den Eindruck, dass der Anteil der Guccifraktion nicht so groß ist wie in Binz. Der ganze Ort wirkt auf uns einfach gemütlicher. Die Seebrücke ist hübsch herausgeputzt und weil der Ort größtenteils oberhalb der Steilküste liegt, hat man auch einen schönen Blick auf die Brücke.

Originelle Idee für die Zweitverwertung alter Flaschen.

Eine breite Treppe überwindet die Steilstufe hinunter zum Strand. Bei der Strandfläche ist Sellin etwas zu kurz gekommen, hier haben andere Orte mehr zu bieten. Es sieht sogar so aus, als hätte der Strand ursprünglich nur aus Geröllen bestanden, denen man eine Sandpackung spendiert hätte, um das Badevergnügen der Gäste zu erhöhen.

Ein Schrägaufzug ermöglicht es auch ohne Mühe, den Strand zu erreichen.

Noch schaffen wir es über die Treppe, schauen wir mal, wie das beim nächsten Besuch aussieht.

Hübsches Ensemble gleich vorn auf der Seebrücke.

Die Farne an der Steilstufe haben schon ihr herbstliches Kleid angelegt.

Hübscher Eingang zur Seebrücke.

Blick zurück auf Sellin. Auch wenn wir noch früh sind, ist gut zu erkennen, dass sich der Andrang in der Nebensaison in Grenzen hält.

Und noch ein Blick zurück über das Wasser.

Unweit nordwestlich der Seebrücke endet der Sandstrand, hier dominieren Gerölle, die Angelika animieren, nach weiteren Hühnergöttern Ausschau zu halten.

Zurück am Womo will Michael wir eigentlich nur noch die Dampflokomotiven fotografieren und den Rest des Tages im Womo und dem Umfeld des Parkplatzes verbringen. Angesichts der schwierigen Parkplatzsuche in den Innenstädten überlegen wir uns dann aber, ob es nicht geschickter wäre, unser Gefährt einfach hier stehen zu lassen und mit dem „Rasenden Roland“ bis Göhren zu fahren.

Wir stehen doch gut hier, der Parkplatz ist abgesperrt, regional zentral gelegen und Mehrkosten für die Übernachtung haben wir auch nicht. Dann könnte man den Zug auch einmal von innen und die Landschaft von der Bahn aus anschauen, käme direkt ins Zentrum von Göhren und könnte mal schauen, wie es dort aussieht.

Die Schmalspurbahn des "Rasenden Roland" verläuft von Göhren im Osten nach Lauterbach im Westen. Binz hat sowohl einen Bahnhof für die Normalspur als auch einen für die Schmalspur (Quelle: openstreetmap, Lizenz CC-BY-SA 2.0).

Bahnhof Sellin Ost, unweit des Womo-Parkplatzes. Lange brauchen wir nicht, um uns zu entscheiden und so sitzen wir bald schon im offenen Waggon der Kleinspurbahn und genießen die Fahrt. Gemächlich tuckert der Zug mit etwa 30 km durch die Landschaft, das macht richtig Spaß.

Als wir am Bahnsteig stehen, kommt der Zug in westliche Richtung zuerst. Und der muss ja nun wegen der eingleisigen Strecke wieder auf den Gegenzug in Richtung Göhren warten.

Sehr günstig, da kann man sich die Lok doch einmal in aller Ruhe ansehen.

So jetzt wird es aber höchste Eisenbahn den Zug zu besteigen, sonst fährt der vor lauter Dampfloknostalgie noch ohne Michael ab.

Schnell auf den Wagen aufgesprungen, das wäre geschafft. Von hier aus kann man nun diverse Videos und Fotos machen, das Wetter spielt auch mit. Herrlich!

Und man bekommt auch gleich die unangenehmen Seiten der Dampflokzeiten mit. Ruß und Aschen sind im Anflug. Hust, hust.

Wenig Spaß haben die zahlreichen Bäume entlang der Strecke. Denn die werden tagein, tagaus mit reichlich Ruß und sonstigen Ausscheidungen der Dampfloks beaufschlagt und sehen dem entsprechend mitgenommen aus. Wenn man sich überlegt, dass unsere Großstädte in den 60er-Jahren von Dampfloks dominiert wurden und die Loks erheblich größer waren und damit auch deutlich mehr Schadstoffe ausgestoßen haben, dann bekommt man so eine leise Ahnung, wie gesund die Luft früher gewesen sein mag.

Ankunft am Bahnhof in Göhren, der östlichen Endstation der Bahnstrecke des "Rasenden Roland".

Im Ostseebad Göhren gefällt es uns noch besser als in Sellin. Von der Stadt selbst sehen wir wenig, denn die liegt hinter der deutlich zurückgesetzten Steilküste. Die Bahn endet dagegen am Fuß der Steilstufe und unweit der Küste. So ist es, anders als in Sellin, nur einen Katzensprung bis an die Promenade.

Villen sehen wir hier keine, die werden oben in der Stadt zu finden sein. Hier befindet sich lediglich ein schön angelegter Park mit einem Kurpavillon, der für Freiluftkonzerte genutzt wird.

Dahinter ein kleiner Irrgarten und im Umfeld der Strandpromenade Freiluftrestauration, die Cocktails oder Häppchen für den kleinen Appetit bereit hält.

Karibisches Flair an der Ostsee.

Der Strand ist richtig schön breit, kein Geröllstrand, sondern Sand so weit das Auge reicht.

Die wenigen Besucher verlieren sich in der Weite dieses Strandes und selbst die Seevögel genießen unbehelligt ihre Päuschen zwischen den Erkundungsflügen.

Überall stehen noch die im Sommer so zahlreich genutzten Strandkörbe herum. Bei den aktuellen Temperaturen mag sich niemand hineinsetzen. Als dankbares Fotomotiv eignen sie sich allemal, wenn sie bei der tief stehenden Sonne ihre langen Schatten auf den Strand zaubern.

Die Seebrücke wird auch von Ausflugsdampfern angefahren, da kann man Bäderhopping auch mit dem Boot betreiben.

Die Seebrücke ist etwas spartanisch ausgefallen. Aber wer so einen Strand hat......

Weil Göhren Start- und Zielbahnhof der Schmalspurbahn ist, nehmen die Lokomotiven hier den „Proviant“, also Koks und Wasser auf. Da ist es ganz schön, wenn man etwas zu früh den Rückweg zum Bahnhof antritt. Auf diese Weise hat man noch genügend Zeit, sich die Beladung der Dampfmaschinen einmal aus der Nähe anzusehen.

Gegen 17:00 Uhr geht es zurück nach Sellin, wieder im offenen Wagen versteht sich.

Jetzt ist aber auch genug Zeit, sich die Bahn einmal von innen anzuschauen.

Sehr zweckmäßig eingerichtet, aber für eine Touribahn ausreichend.

Obwohl der Zug nur mit einem offenen Wagen bestückt ist, gibt es ausreichend Platz. Im Sommer dürfte das anders aussehen, aber vielleicht hängt man dann ja zwei offene Wagen an.

Am frühen Abend gehen wir hinüber in die Kleingartenanlage und lassen uns heute mal bekochen.

Und ein Sanddornbier muss es natürlich auch sein, im Rhein-Main-Gebiet ist das schwer zu bekommen. Der Geschmack ist aber bei jedem Anschauen der Fotos gleich wieder präsent und erinnert uns noch wochenlang an die Urlaubszeit.

Am Abend werden wir noch mit einem wunderschönen Sonnenuntergang verwöhnt.