Fes

Sa., 10.11.2018, Fes, 0 km

Wenn man mit einem Fahrzeug in Marokko unterwegs ist, kann es durchaus Sinn machen, die Umgebung von Fes abzufahren, um von verschiedenen Anhöhen aus einen Blick auf die Stadt zu werfen.

Normal begabte Spaziergänger und Hüftgoldträger sollten die Medina stets von Westen aus (Startpunkt z. B. Bab Mahrouk) erkunden, denn das Gelände fällt in Richtung der östlichen Medina deutlich ein und verliert etwa 100 Höhenmeter. Triathleten und Marathonläufer sollten natürlich den umgekehrten Weg gehen, damit die Fitness auch im Urlaub nicht gänzlich verloren geht.

Nachdem wir uns bei den Taxifahrern vor unserem Hotel schon einmal nach dem Fahrpreis zum Flughafen erkundigt haben, geht es anschließend etwas planlos in die angrenzende Neustadt, in der Hoffnung dort auf irgendetwas Interessantes zu stoßen. Außer einigen schön angelegten Boulevards können wir aber nichts entdecken, also machen wir uns auf den Weg in Richtung Medina. Unterwegs kommen wir an einem Einkaufszentrum, dem Centre Commercial Borj Fes, vorbei. Es gibt zwar den einen oder anderen Laden, den man bei uns nicht findet, aber im Großen und Ganzen ist es ein Konsumtempel westlicher Prägung. Auf einer Außenterrasse trinken wir eine Cola, legen die Füße 30 Minuten hoch, werden danach schon wieder übermütig und meinen, das kurze Stück zur Medina können wir nun auch noch laufen.

Wir folgen der N6 in nordöstliche Richtung und erreichen nach 700 Metern das Bab Ejdid, laufen nochmals 600 Meter geradeaus, um dann nach Westen in Richtung des Jüdischen Viertels abzubiegen, danach ist es mit der Orientierung erst einmal vorbei.

Auf unserem Weg laufen wir an diesem schönen Mosaik vorbei.

Auf unserem Stadtplan sind viele Sträßchen gar nicht eingezeichnet und so können wir uns nur grob an der Sonne orientieren und wissen zumindest, dass wir in nördliche Richtung laufen müssen. Doch die eng ständig bebauten Sträßchen nehmen einem manchmal sogar die Sicht in Richtung Sonne und dann wird es ganz schwierig. Welche Wege wir dann beschritten haben, können wir auch nachträglich nicht mehr nachvollziehen. Fakt ist aber, dass wir am Ende der Avenue des Merinides in nordöstliche Richtung folgen, bis wir unterhalb der Straße den Busbahnhof und einen Teil der Stadtmauer sehen. Nachdem wir schon wieder einige Kilometer gelatscht sind, ist Michael kurz davor in das nächste Taxi einzusteigen und sich zum Bab Mahrouk (westlicher Zugang zur Medina) fahren zu lassen. Angelika schlägt jedoch vor, noch mal schnell den Hang hinunterzulaufen und dabei sehen wir nach weiteren 500 Metern zu unserer großen Überraschung den Zugang, den wir die ganze Zeit viel weiter nördlich vergebens gesucht hatten.

 

Petit Taxis in verschiedenen Städten Marokkos:

Oben links, hellblau, Meknes. Mitte, kräftiges Blau, Essaouira. Rechts, gelbbraun, Marrakesch. Unten links, olivgrün, Azrou. Unten rechts, rot, Fes.

Die Kasbah des Cherarda gehört seit dem Jahr 1981 als Teil der Medina von Fès zum UNESCO-Welterbe in Marokko. Hinter den ca. 8 bis 10 m hohen Mauern befinden sich Teile der Universität von Fès sowie ein Hospital. Wie auch die gegenüber liegende Stadtmauer von Fès bestehen die zinnenbekrönten Mauern der Kasbah aus Stampflehm (pisé); nur das hufeisenförmige Tor besteht im Kern aus Ziegelsteinen und ist mit Kachelmosaiken geschmückt. In der Südwestecke der Anlage erhebt sich ein Wachturm auf oktogonalem Grundriss (Wikipedia).

Stadttor Bab Sbae (Löwe) unweit der Kasbah des Cherarda an der R 501. Von hier aus geht es nun in Richtung Café Clock.

Mangels Trinkwasser und ständigem Auf und Ab sind wir ganz schön platt, aber wenigstens wissen wir nun, wo es lang geht. Wie gestern folgen wir der „Mainstreet“ der Medina und erreichen nach weiteren 300 Metern Fußweg das Hinweisschild zum Café Clock, einem bei Touris offensichtlich sehr beliebten Café-Restaurant. Dieses liegt etwas versteckt in einem Seitengässchen (7 Derb el Magana, Fes, Marokko) und ohne einen deutlichen Hinweis und ein weiteres Schild an der „Soukhauptstraße“ hätten wir wohl keine Chance gehabt, dieses zu finden. Das Café verteilt sich über mehrere Stockwerke, ist relativ schlicht und doch originell eingerichtet, hier lässt es sich drinnen wie draußen gut aushalten. Bei dem schönen Wetter und der guten Aussicht zieht es uns natürlich hoch auf die Dachterrasse.

Die Mischung aus westlicher und einheimischer Küche gefällt und man sieht den Leuten an, dass sie sich hier richtig wohlfühlen.

Über eine etwas verwinkelte, enge Treppe geht es 2 bis 3 Stockwerke, man weiß es gar nicht so genau, immer weiter nach oben. Tritt man dann endlich auf die Freifläche hinaus, überrascht diese mit einer verschachtelten Terrassenarchitektur, bei der mehrere Kleinstterrassen in unterschiedlichen Niveaus angeordnet sind. Teils überdacht findet man, je nach persönlichem Geschmack schattige und sonnige Plätze. Die wie Separees wirkenden Kleinstterrassen flankieren das Grün zahlreicher Topfpflanzen und fantasievolle, bunte Wandgemälde. 

In so privater Atmosphäre strecken nicht nur die Besucher, sondern auch so manches Haustier gerne mal alle Viere von sich.

Gut 200 m unterhalb vom Càfe Clock erreichen wir in der Rue Talaa Seghira die Medersa Bou Inania. Wenn wir es richtig verstanden haben, ist die Medersa Bou Inania eine theologische Hochschule. Das Gebäude ließ der Mereniden Sultan Bou Inan erbauen. Aufwändige Zellij (Fliesen) und Stuckarbeiten, schöne Zedern-Mashrabiyyas und massive Messing-Eingangstüren schmücken das Gebäude. Wir entscheiden uns, das mal anzusehen. Durch eine mächtige Pforte gelangt man in einen für die Altstadt schon recht großen Innenhof, die an den Hof angrenzenden Gebäudeteile sind allerdings tabu. Schade, da hatten wir uns doch etwas mehr erhofft. Immerhin sind die oben beschriebenen künstlerischen Handwerksarbeiten auch entlang der Hoffassaden zu bestaunen. Zum Glück haben wir den Hof abgelichtet so lange kein Betrieb war, denn schon kurze Zeit später kommen zwei geführte Besuchergruppen und an Fotografieren ist nicht mehr zu denken. Wenn die Gruppen wenigstens bei ihren Führern blieben, die durchaus interessante Details zu berichten wissen. Aber nein, alles läuft wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen kreuz und quer über den Platz, da heißt es Geduld bewahren. Nach 15 Minuten ist der ganze Spuk vorbei. Das ist es, was Michael an diesen Gruppenreisen nicht mag, nichts kann man sich in Ruhe ansehen, überall wird nur durchgehechelt bis einem die Zunge am Boden hängt.

Auch wenn es in den Bildern nicht so recht rüberkommt, ist die Medina heute deutlich voller als gestern. Wir haben noch einmal nach Hosen Ausschau gehalten für Angelika, sind aber leider nicht fündig geworden.


Moderner Souk in der Medina von Fès.

Als wir durch die Medina durch sind und wieder am Bab Rcif ankommen ist es schon 18:00 Uhr und wir beschließen uns in Richtung Hotel zu orientieren, also ein Petite Taxi zu suchen und heimzufahren. Nachdem die Taxifahrer schon gestern den doppelten üblichen Preis verlangten (statt 10 ca. 20 MDH) wurden sie heute Morgen noch dreister und verlangten zwischen 30 und 60 MDH. Deshalb sind wir ja auch per pedes in die Stadt gekommen. Heute Abend haben wir zum Laufen allerdings keinen Nerv mehr, doch die Forderungen sind noch höher als am Morgen und so geht es nun auch zu Fuß zurück ins Hotel. Im Süden dreht sich die Erdkugel bekanntermaßen deutlich schneller als in unseren Breiten und so wird es auf unserem Heimweg recht bald duster. Unterwegs treffen wir drei Armeeangehörige, die wissen möchten, wo wir hin wollen. Wir sagen ihnen, dass wir uns über die unverschämten Preise der Taxifahrer geärgert haben und deshalb zu Fuß zum Bahnhof unterwegs sind. Sie lassen uns weiterziehen, informieren aber offensichtlich eine Polizeistreife, die uns kurz danach aufgabelt, uns auffordert einzusteigen und uns dann zum Hotel befördert. Es sei zu gefährlich, nachts alleine, ohne genaue Ortskenntnis auf abgelegenen Straßen herumzulaufen, meint der Officer. Also wir sind jetzt schon zum dritten Mal in Marokko und haben uns eigentlich zu keinem Zeitpunkt irgendwo unsicher gefühlt.  Hoffen wir mal, dass wir nicht zu blauäugig waren. Dieser besondere Service war jedenfalls eine Überraschung.