Mittwoch, 20.04.2022
Auf Empfehlung unserer Campingplatzbetreiber wollen wir uns heute einmal Orvieto und die Civita di Bagnoregio ansehen. Wir haben die letzten Tage ganz gemütlich angehen lassen, sind also ausgeruht, und laut Navi sind es nur ca. 20 km. Da kann uns nichts belasten, denken wir zumindest. Dem Navi zu vertrauen ist dann schon der erste Fehler. Denn das schickt uns über eine steile Rampe hinauf auf den Berg (ist halt der kürzeste Weg). Die Straße ist zwar für Wohnmobile befahrbar aber alles andere als empfehlenswert. Erst haben wir kein Glück und dann kommt auch noch Pech dazu.
Ausgerechnet an der engsten und steilsten Stelle kommen von oben 2 Pkw und ein weiterer Optimist steht unmittelbar hinter uns, sodass wir anhalten müssen und weder vor noch zurückkönnen. Aneinander vorbeifahren funktioniert auf keinen Fall. Eine Italienerin mittleren Alters mosert lautstark aus ihrem Fiat 500. Wir verstehen gar nichts, können uns aber denken, worum es geht, sie hat es megaeilig. Helfen tut das natürlich überhaupt nicht und niemandem ist die missliche Lage unangenehmer als uns. Nach etwas Bedenkzeit und reichlich Palaver (dafür lieben wir die Italiener doch so sehr) fahren die Pkw oben in eine kleine Seitenstraße und der Pkw hinter uns nimmt Abstand, sodass wir das Womo mit großer Mühe wieder in Gang setzen und das letzte Stück des Anstieges erfolgreich bewältigen können. Das hätte man auch leichter haben können. Unser Puls ist jetzt jedenfalls ganz oben am Anschlag.
Das Städtchen Orvieto unweit der Autobahn A1 (Quelle: openstreetmap, Lizenz CC-BY-SA 2.0).
Auf kurvigen, engen Straßen geht es zunächst nach Lubriano. Von dort aus haben wir eine gute Seitenansicht auf die Civita di Bagnoregio und sehen, dass es Sinn macht, zunächst nach Orvieto weiterzufahren, weil die Sonne am Abend die Rampe hinauf zu der Civita und diese selbst optimal ausleuchtet. Also geht es nach kurzer Zeit weiter zu unserem ersten Tagesziel.
Die Sträßchen verlangen uns heute einiges ab. Kurz vor Orvieto gibt es auf einmal einen dumpfen Schlag. Was da genau passiert ist, realisieren wir erst einmal gar nicht, rollen aus und überlegen, was zu tun ist. Doch die ungeduldigen Einheimischen drängen auf Weiterfahrt und da wir sehr ungünstig im Kurvenbereich stehen, bleibt uns auch nicht viel übrig. Da der Parkplatz, auf dem wir unser Fahrzeug für die Stadtbesichtigung abstellen wollen, ohnehin nicht mehr weit und ein Seitenstreifen sowieso nirgendwo in Sicht ist, fahren wir bis dort hin und schauen uns erst mal das Fahrzeug an. Zum zweiten Mal ist unser Puls jetzt schon am Anschlag, wir sind mehr als bedient. Auf den ersten Blick ist nirgendwo ein Schaden zu erkennen. Dann aber sehen wir, dass vom fahrerseitigen Spiegel ein kleines Stück Plastikverkleidung fehlt. Die Funktion des Spiegels scheint aber nicht beeinträchtigt, so schlimm kann es also nicht gewesen sein.
Wir stehen nur wenige Minuten auf dem Parkplatz, als ein Monteurbus hinter uns auftaucht. Der Fahrer steigt aus, redet ziemlich viel, allerdings nur italienisch, da
verstehen wir natürlich wieder mal gar nichts. Dann zeigt er uns seinen fahrerseitigen Spiegel, der ziemlich malträtiert ist und fragt, ob wir englisch können. Das bejahen wir
und hoffen, dass wir uns nun verständigen können, denn unser Gegenüber ist noch relativ jung. Aber dann kommen nur einige wenige Vokabeln und schon ist
es vorbei. Wir verstehen immerhin so viel, dass er der Auffassung ist, wir seien zu weit auf seiner Straßenseite gefahren und dadurch sei der Schaden entstanden. Das ist zwar aus seiner Sicht
verständlich, wir haben allerdings den gegenteiligen Eindruck und klären lässt sich das auf dieser engen, kurvenreichen Straße sowieso nicht. Denn da haben alle etwas breiteren Fahrzeuge Mühe,
aneinander vorbei zu kommen. Vielleicht hätte eine Dashcam geholfen, aber darüber zu sinnieren ist jetzt müßig. Während der Monteur mit seinem Chef spricht, um zu beraten, was nun zu tun sei,
bereiten wir uns schon einmal auf lange und zähe Verhandlung, Konsultationen mit den Carabinieri und den ganzen damit verbundenen Rattenschwanz vor. Zu unserem Erstaunen scheint der Chef aber Pragmatiker zu sein und sieht genau wie wir die Schwierigkeit
des Schuldnachweises. Vermutlich hat der Monteur auch noch eine ganze Latte von Aufträgen abzuarbeiten und so teilt er uns recht bald gestenreich mit, dass die Sache erledigt ist und zieht von
dannen.
Der Spiegel ist voll funktionstüchtig, nur die Blende und die rückseitige Plastikabdeckung wurden beschädigt. Wie wir später noch erfahren, muss er trotzdem komplett getauscht werden, eine recht kostspielige Angelegenheit. Für uns ist der Tag jetzt eigentlich gelaufen, doch Michael entwickelt eine Trotzphase und beschließt Orvieto jetzt erst recht zu besichtigen. Erstens brauchen wir jetzt unbedingt eine Fahrpause und zweitens müssen wir irgendwie wieder runter kommen und dem eigentlich gebrauchten Tag noch etwas Vernünftiges abringen.
Wir brauchen eine ganze Weile, bis wir uns berappeln und machen uns dann die Treppen hinauf in Richtung Stadt.
Massive Tuffsteinwände flankieren unseren Weg.
Während des Aufstiegs hat man immer wieder einen
wunderbaren Ausblick in das Umland. Tief unten im Tal fahren die roten italienischen Fernschnellzüge von Trenitalia.
Am oberen Ende der Treppe gelangen wir über zwei Parkplätze an den Palazzo del Capitano del Popolo.
Die Chiesa di Sant'Andrea und rechts davon der Palazzo Comunale (Rathaus) an der Piazza della Repubblica in Orvieto.
Noch mal die Chiesa di Sant'Andrea.
Arkaden vor der Chiesa di Sant'Andrea in der Straße Corso Cavour.
Hier werden Tontafeln für unterschiedliche Handwerksbetriebe produziert.
Der Dom von Orvieto (Cattedrale di Santa Maria Assunta) ist ein Meisterwerk gotischer Architektur.
Der Dom gehört zu der großen Anzahl bedeutender Bauwerke, die im ausgehenden 13. Jahrhundert geplant wurden. Er wurde 1288 wahrscheinlich unter Arnolfo di Cambio (1240–1302) begonnen, der einige Jahre später den Dom und den Palazzo Vecchio von Florenz bauen sollte. 1308 war der Rohbau ohne Dach und Fassade fertig (Quelle: Wikipedia).
Reich geschmücktes, facettenreiches Rosettenfenster im oberen Teil der Stirnseite.
Vorzüglich herausgearbeitete Fresken und Säulen an der Front des Doms von Orvieto.
Der Himmel spielt leider wieder einmal nicht mit.
Viele Besuchergruppen, vor allem Schulklassen, besuchen das beeindruckende Bauwerk.
Kleines Lädchen mit Spielsachen für Halbwüchsige in der Domstraße.
Straßenkunst in einem Nebengässchen.
Originelle Sitzgelegenheit.
Auf dem Rückweg zu unserem Fahrzeug.
Hier sind wir bereits auf dem Weg zur Civita de Bagnoregio. Wie man sieht, beeindruckt der Dom auch aus der Ferne.
Ein letzter Blick zurück auf Orvieto. Das hätte so unbeschwert sein können, wenn die dumme Sache mit dem Spiegel nicht passiert wäre.