Pitigliano, Sorano, Sovana

Sovana

Donnerstag, 21.04.2022

Von den oben aufgeführten drei Orten ist Pitigliano wegen seiner imposanten Erscheinung auf der Steilklippe und seiner Größe und der Lage an der Hauptstraße vermutlich der bekannteste und der eigentliche Anlass in diesen doch etwas abgelegenen Teil der Toskana zu reisen. In der Regel hat man ja doch ein begrenztes Zeitfenster und das möchte man optimal nutzen. Wenn man aber schon mal hier ist und etwas mehr Zeit hat, dann sollte man die nur wenige Kilometer entfernt liegenden Orte Sorano und Sovana mit einzubeziehen. Man kann sich beide an einem Tag ansehen und alle drei Ortschaften haben ihren eigenen Reiz. Auf unsere Top Ten Liste würden wir sie allerdings nicht einordnen, dazu müsste in der Reisezeit schon ein Stadtfest oder ähnliches veranstaltet werden.

Sovana mit den Vie Cave (Hohlwege) und dem Gräberbezirk westlich der Altstadt (Quelle: openstreetmap, Lizenz CC-BY-SA 2.0).

Wir verlassen gegen 10:30 Uhr den Campingplatz in Bolsena. Bis Pitigliano sind es nur 30 km, dafür brauchen wir etwa eine Dreiviertelstunde. In Pitigliano suchen wir lange nach einem geeigneten Parkplatz. Am Ende bleibt nur der Womoparkplatz relativ weit außerhalb der Altstadt zu 12 € die Nacht. Wir sind schon drauf und dran, die Tagesgebühr von 12 € in den Ticketautomaten zu werfen, aber wir kommen mit dem Teil nicht zurecht und gehen deshalb unverrichteter Dinge erst einmal wieder in unser Fahrzeug. Dann fängt es an zu regnen und nun macht es wirklich keinen Sinn mehr, hierzubleiben, denn unter den gegebenen Bedingungen ist uns der Weg in die Altstadt zu weit.

Also beschließen wir die knapp 10 Kilometer nach Sovana noch dranzuhängen und zu schauen, ob wir dort noch etwas Sinnvolles mit dem Tag anfangen können. Die Einfahrt nach Sovana ist für toskanische Verhältnisse eigentlich sehr breit. Weil aber mehrere Busse davor parken, sehen wir das Hinweisschild nicht und fahren dran vorbei bis zu einem kleinen geschotterten Parkplatz unweit der Etruskergräber (vg. unser Kärtchen oben - Tempelgrab).

Der gebührenfreie Parkplatz bietet ausreichend freie Flächen und so stellen wir unser Fahrzeug erst einmal ab. Ggf. könnte man hier sogar übernachten. Unweit des Parkplatzes befinden sich mehrere Vie Cave (Hohlwege), die wir uns im Lauf des Tages einmal ansehen wollen. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es in den beiden anderen Orten weitere Hohlwege gibt, die wir uns aus zeitlichen Gründen aber nicht angesehen haben.

Die Vie Cave (Einzahl Via Cava) sollen auf die etruskische Zivilisation zurückgehen. Es handelt sich um Hohlwege, die in den "weichen" Tuffsteinfels gegraben worden und charakteristisch für das Gebiet von Pitigliano, Sovana und Sorano sind.

Unser erstes Ziel ist die Via Cava del Cavone.

Dieser Hohlweg ist gut zu begehen und noch recht breit.

Obwohl es noch deutlich aufregendere Vie Cave gibt, beeindruckt auch hier der enorme Aufwand, den die Etrusker mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln betrieben haben müssen, um diese Gesteinsmassen zu lösen und abzutransportieren.

Oberer Ausgang der Via Cava del Cavone.

Nun geht es zurück zum Fahrzeug. Nach einer kurzen Kaffeepause geht es weiter nach Sovana. Hätten wir bei der Anfahrt den Eingang ins Städtchen gefunden, wäre jetzt sicher das Womo zum Einsatz gekommen. So lassen wir unser Gefährt hier unten stehen und laufen hinauf, um erst einmal die Lage zu erkunden.

Hier ist das mit dem Fußweg noch ganz gut gelöst. Etwas weiter hinten ist das ein bisschen blöd, weil dort ein Bürgersteig fehlt und wir auf der nicht immer sehr übersichtlichen Straße laufen müssen.

Dann gilt es auch noch zügig durch einen 120 m langen Tunnel zu laufen. Der Verkehr ist allerdings mäßig, also das ist zu schaffen.

Endlich sehen wir am Ende des Tunnels auf der rechten Seite eine Treppe.

Die führt am Friedhof vorbei auf eine moderat ansteigende, mit Geröllen gepflasterte Straße, die schließlich in den westlichen Ortseingang von Sovana mündet.

Sovana ist ein ziemlich verschlafenes Nest mit einigen wenigen Läden, etwas Kunsthandwerk und Restauration.

Um Touristen anzulocken, hat man den gesamten Ort hübsch herausgeputzt.

Sovana liegt am Zusammenfluss von Calesine und Folonia, auf einer Anhöhe aus Tuffstein. Der Ort besteht im Wesentlichen aus drei in Längsrichtung verlaufenden Straßen (vgl. Kärtchen). Der gesamte Ort liegt in etwa auf einem Niveau. Man muss also nicht mühsam Treppen steigen, um den Ort zu erkunden. Vielleicht einer der Gründe, weshalb Reisegruppen mit älteren Semestern Sovana gerne mit Bussen ansteuern. Ein weiterer Grund ist sicherlich die Cattedrale dei Santi Pietro e Paolo, auch bekannt als der Dom von Sovana. Sie ist eines der wichtigsten religiösen Gebäude der Maremma. Sie wurde zwischen dem 11. und 12. Jahrhundert erbaut, wahrscheinlich auf den Fundamenten einer älteren Kirche. Sie wurde im Laufe der Zeit verändert und umgebaut und weist eine Mischung aus verschiedenen Baustilen auf. Heute leben ca. 120 Menschen in Sovana.

Eine Tankstelle leistet man sich ebenfalls.

Die Festungsruine markiert den östlichen Ein- bzw. Ausgang. Die Straße ist allerdings dorfauswärts Einbahnstraße und kann nicht als Zufahrt genutzt werden. Wir drehen hier um und bewegen uns zurück in Richtung Dorf.

So richtig lohnend empfinden wir den Besuch in Sovana nicht. Immerhin erkennen wir auf dem Rückweg durch das Dorf nun unseren Fehler bei der Anfahrt, wissen jetzt, wie wir mit dem Womo in den Ort gelangen können und wo ein geeigneter Übernachtungsplatz ist, der auch von anderen Campern genutzt wird. Der Parkplatz kostet am Tag 3,50 € und ist ab 20:00 Uhr kostenfrei. Der Platz ist an den Rändern etwas schräg, aber nachts sehr ruhig. Für uns die beste aller möglichen Bleiben, solange wir hier im Dreidörferdreieck unterwegs sind.  

Der Platz ist auch für Fahrzeuge ohne eigene Toilette gut geeignet, denn unmittelbar unterhalb des Platzes befindet sich ein Toilettenhäuschen, das zumindest an unseren zwei Besuchstagen sauber war.

Nach etwa 30 Minuten haben wir den Ort von West nach Ost und zurück durchquert. Kurz bevor wir nun durch den Tunnel wieder in Richtung unseres Womos laufen, sehen wir am westlichen Ortsausgang eine Besuchergruppe, die sich dieses schmucklose Gebäude anschaut. Wir lauschen ein wenig den Erläuterungen der Reiseleiterin und stellen fest, dass es der unscheinbare Bau offensichtlich in sich hat. Der St. Peter und Paul geweihte Dom (Cattedrale dei Santi Pietro e Paolo) stellt das bedeutendste Monument des Mittelalters in Sovana dar.

Es handelt sich um ein seltenes Exemplar einer Kathedrale im romanisch-gotischen Stil von hohem künstlerischem Wert. Verziert ist der Dom durch dekorative Steinmetzarbeiten. Der Innenraum ist durch einzigartige, jedoch harmonische architektonische Formen geprägt. Eine erste Bauphase setzte vermutlich bereits im 9. Jahrhundert ein. Im 11. Jahrhundert stand die Kirche bereits, wie eine päpstliche Bulle von Nikolaus II. zeigt. Im Laufe des 12. bis 14. Jahrhunderts wurde der Dom in seinem Aussehen verändert.

Blick nach Osten.

Das Portal an der Längsseite der Kirche ist aus Marmor und besteht aus einem ersten äußeren Bogen, in dessen oberer Hälfte die Seele eines Menschen, die zum Himmel aufsteigt, dargestellt ist. In der Mitte des Bogens befinden sich zwei stilisierte Löwenköpfe, die den Dom bewachen sollen und im unteren Teil verschiedene symbolische Motive.

Eigentlich wollen wir nun die Nacht auf dem geschotterten Parkplatz an den Etruskergräbern bzw. den Vie Cave verbringen, da aber kein einziges Fahrzeug mehr auf dem PP Station macht, fühlen wir uns nicht so recht wohl in unserer Haut und entschließen uns gegen 20:30 Uhr doch noch auf den Parkplatz in Sovana umzuziehen. Gut, dass wir den heute Mittag ausgekundschaftet haben. Dort stehen bereits 5 Fahrzeuge, das ist ganz nach unserem Geschmack. Außerdem haben wir unterhalb des Parkplatzes eine öffentliche Toilette, die wir gerne nutzen, wenn sie ordentlich sauber ist, können zur Not auch etwas Trinkwasser nachfüllen und sind hier insgesamt einfach besser aufgestellt.

Freitag, 22.04.2022, Sovana und Sorano, Via cava di San Sebastiano e necropoli.

In der Nacht hat der Regen in unregelmäßigen Abständen ganz schön Trommelfeuer auf unserem Womodach veranstaltet. Gegen Morgen lässt der Regen aber nach, wir fahren von unserem Stellplatz oben in Sovana runter an den Stellplatz, an den Etruskergräbern und frühstücken. Zu unserer Überraschung fängt es nun nicht, wie vom Wetterbericht vorhergesagt, gleich wieder an zu regnen, sondern bleibt weitgehend trocken und hellt sogar etwas auf.

Also brechen wir vor unserer Weiterfahrt ins nahegelegene Sorano, noch zu einer kleinen Wanderung auf und laufen in Richtung Via Cava di San Sebastiano e Necropoli, einen weiteren, von den Etruskern aus dem Tuffstein herausgearbeiteten Hohlweg.

Es ist der schönste der drei Hohlwege, den wir hier im Umfeld der Etruskergräber sehen werden bzw. bereits gesehen haben. Diese Wege aus dem Tuffstein zu hauen muss für die Etrusker irrsinnig aufwendig gewesen sein. Gleichzeitig muss der Vorteil so groß gewesen sein, dass es sich am Ende doch lohnte, sonst hätten sie das wohl kaum in Angriff genommen.

Die Breite des Weges wechselt ständig, Fels und üppige Vegetation erzeugen ein geradezu malerisches Bild.

Der Tuffstein am Boden ist abgesehen von etwas moosigem Bewuchs blank. Diese Via cava könnte also auch als eine Art Aquädukt gedient haben.

Diese Räumlichkeiten müssen in irgendeiner Form menschlichen Bedürfnissen gedient haben.

Via Cava di San Sebastiano.

Freitag, 22.04.2022, Sovana und Sorano, Tempelgrab Tomba Ildebranda (vgl. Kärtchen)

Zurück am Womo bleibt Angelika im Auto und Michael geht noch schnell mit leichter Fotoausrüstung in den Gräberbezirk mit dem Grab Hildebrandts, dem Pabst, der den Bußgang nach Canossa ausgelöst hat.

Das Tempelgrab Tomba Ildebranda befindet sich ungefähr an der links oben gekennzeichneten Stelle unweit des geschotterten Womoparkplatzes.

Das Tempelgrab Tomba Ildebranda: Der Name wurde zu Ehren von Ildebrando Aldobrandeschi aus Sovana, besser bekannt als Papst Gregor VII., gewählt.

Hintergrund: Im Jahre 1073 wurde der Mönch Hildebrand als Gregor VII. zum Papst ernannt. Er war ein leidenschaftlicher Verfechter einer straff organisierten Kirche, die von allen Einflüssen und Bevormundungen weltlicher Machthaber befreit war. Dadurch sollte der Papst als Stellvertreter Gottes als letzte richterliche Instanz auch über den Königen und dem Kaiser stehen. Der deutsche König Heinrich IV. wollte oder konnte jedoch nicht auf einen wesentlichen Teil seiner Macht verzichten, missachtete das päpstliche Verbot und nahm sich weiterhin das Recht, von ihm abhängige Bischöfe einzusetzen (Investiturstreit). Auf die Androhung des Kirchenbanns antwortete er mit der Forderung, Gregor solle abdanken. Daraufhin reagierte Gregor VII. mit der Exkommunikation Heinrichs löste alle Treueide auf, die die Untertanen an den König banden und untersagte jedem, Heinrich zu dienen. So kam es schließlich zum Bußgang Heinrichs bei dem Heinrich und Gregor auf der Burg Canossa aufeinander trafen. Heinrich IV. konnte durch die Aufhebung des Bannes sein Königtum retten und sollte 1084 römisch-deutscher Kaiser werden (überwiegend Wikipedia entnommen).

Das aus dem Felsen gehauene Grab erinnert an einen monumentalen Tempel mit einem sechsschiffigen Säulengang, der auf einem Podium mit zwei Seitentreppen ruht.

Die Grabkammer kann durch einen nach unten gerichteten zentralen Korridor erreicht werden. Der Raum war bei seiner Entdeckung allerdings völlig leer, wie so oft vermutlich das Werk von Grabräubern.

Grabkammer oder Teil der Grabkammer?

Im Umfeld des Grabes ausgestellte verwitterte Fresken.

Im Umfeld des Grabes ausgestellte verwitterte Fresken.

Am Ende war doch mehr zu sehen in Sovana, als wir ursprünglich dachten.