Samstag, 05.05.2018, Funchal, Tag 2, 72 km
Angelika und Michael wollten schon immer einmal in das Nonnental (Curral das Freiras) und weil das unweit oberhalb Funchal und damit beinahe auf unserer Fahrtroute liegt, müssen wir für diesen Abstecher wenig Überzeugungsarbeit leisten.
Die Ausfahrt von der VR1 erfolgt auf Höhe von Sao Martinho, dem Hoteldistrikt Funchals. Sie ist sogar entsprechend beschildert, also haben wir keine Probleme die Spur aufzunehmen und folgen nun der ER109 in nördliche Richtung. Durch Streusiedlungen geht es nur langsam voran. Schon glauben wir uns wieder einmal verfranst zu haben, drehen, fragen nach dem Weg, erhalten dann aber doch die Auskunft, dass wir richtig lagen, drehen erneut und setzen unseren Weg nun bis vor einen schnurgeraden, langgezogenen Tunnel fort.
Würden wir dem Tunnel folgen, wären wir in wenigen Minuten unten im Nonnental. Spontan entscheiden wir uns jedoch nicht hinunter zu fahren, sondern das Tal zunächst aus der Vogelperspektive anschauen. Also biegen wir vor dem Tunnel links ab und folgen einer Nebenstraße, die erst einmal wieder nach Südwesten zurückschwingt. Ob das stimmt? Wieder sind wir unsicher. Doch nach wenigen Kilometern Strecke wendet sich das kurvenreiche, enge Sträßchen erneut nach Norden und schlängelt sich nun als mühsam dem Fels abgerungenes Asphaltband in Richtung unseres Aussichtspunktes.
Westlich unseres Weges sprießt üppiges Grün und schränkt die Sicht ein. Wo dieses dann endlich einmal fehlt, hat man einen herrlichen Ausblick auf das tief eingeschnittene Tälchen. Gerne würden wir anhalten, die Aussicht genießen oder Fotos machen, aber es gibt nur einige wenige Punkte mit ausreichend Parkraum und die sind natürlich meist besetzt. Vor einer scharfen Rechtskurve haben wir endlich Glück.
Mit einem beherzten Druck aufs Gaspedal überquert Peter die Straße, um gleich wieder auf die Eisen zu steigen und schon stehen wir auf einem winzigen Parkplatz am Rande des Abhangs und können uns ein wenig die Beine vertreten.
Ein Viertelstündchen genießen wir die Aussicht, dann geht es zurück auf die Straße. Dass wir nun richtig sind, erkennen wir an zwei Touribussen, die sich mehr schlecht als recht aus dem Tal quälen. Ohne Not würden die sicher nicht diese Straße befahren.
Und tatsächlich erreichen wir kurz darauf ohne weitere Kapriolen den in 1094 Metern Höhe gelegenen Aussichtspunkt Eira do Serrado. Verglichen mit den Parkmöglichkeiten entlang der Straße ist das Stellplatzangebot hier fast schon üppig. Aber wir sind früh unterwegs und der Platz ist trotzdem bereits halb voll, da könnte es am Nachmittag oder an den Wochenenden dennoch eng werden.
Immerhin gibt es hier ein Hotel, diversen Touri-Schnickschnack und einen gut ausgebauten, mehrere hundert Meter langen Fußweg zu zwei Aussichtsplattformen, von denen aus man einen fantastischen Blick in das Nonnental hat.
Von einem strahlend blauen Himmel scheint die Sonne in einer Intensität, die dem Aufstieg entlang des Weges noch nichts mühsames verleiht. Steht man aber auf einer der Plattformen, erzeugt sie eine mollige Wärme die man gerne auf sich einwirken lässt.
Curral das Freiras (Nonnental), ein kleiner Ort, isoliert zwischen steilen Berghängen im Zentrum Madeiras, oberhalb Funchal.
Das besondere an diesem Aussichtspunkt ist nicht nur der grandiose Ausblick ins Tal, sondern die nicht minder beeindruckende Kulisse der umliegenden Berggipfel, auf denen sich ein breiter, sonnendurchfluteter Wolkenteppich niedergelassen hat. Wolkenzungen versuchen beständig in das Tal vorzustoßen um dieses komplett einzuhüllen. Sobald sie sich aber zu tief dort hinein wagen, werden sie von der zunehmend wärmeren Luft verspeist. Wie im Zeitraffer läuft das Geschehen am anderen Ende des Tals vor unseren Augen ab und zieht uns in seinen Bann.
Wir hatten nicht damit gerechnet, dass dieser Aussichtspunkt so schön ist und verbringen mehr als eine Stunde hier oben. Am Ende läuft uns wieder einmal ein wenig die Zeit davon und so müssen wir die Fahrt ins Tal streichen, denn wir haben ja heute noch einiges vor. Aber das macht, wie so oft gar nichts. Wieder ein Punkt auf unserer Liste von unerledigten Pflichtaufgaben. Da kommt einiges zusammen, was noch in den nächsten Jahren erledigt werden muss.
Für uns heißt es nun aufzubrechen in Richtung Monte, der Oberstadt Funchals in der es neben einer schönen Kirche die Korbschlitten und den Tropischen Garten Monte Palace gibt, der gelegentlich mit dem tiefer im Tal liegenden Botanischen Garten verwechselt wird. Obwohl die Entfernung gar nicht so groß ist, dauert die Fahrt etwa eine dreiviertel Stunde. Die kurvenreichen engen Sträßchen fordern eben ihren Tribut.
Das Kärtchen zeigt den Tropischen Garten Monte Palace im Stadtteil Monte, oberhalb Funchal. Die Endstation der Seilbahn vom und zum eigentlichen Botanischen Garten befindet sich etwas außerhalb des Kärtchens rechts oben. Wir parkten auf dem Parkplatz nordwestlich des Tropischen Gartens. Der ist in openstreetmap leider nicht separat ausgehalten. Beugt man sich über die Begrenzungsmauer auf der Westseite des Tropischen Gartens, kann man die Korbschlittenfahrer die Straße Caminho de ferro herunter kommen sehen. (Quelle: open-streetmap Lizenz CC-BY-SA 2.0).
Unweit der Korbschlittenfahrer finden wir einen größeren Parkplatz der das Gros der Besucher aufnimmt, gehen dann noch gut 5 Minuten einen leicht abschüssigen Weg hinunter und stehen unvermittelt vor der Korbschlittenstation.
Noch ist nicht allzu viel Betrieb und wir müssen einige Zeit warten ehe wir das aus Reiseberichten und Postkarten bekannte Geschehen einmal live erleben können. Aber dann fast sich ein Pärchen ein Herz und schon geht es ab ins Tal.
Die Korbschlitten tragen ihren Namen übrigens zurecht, denn tatsächlich bewegen sich diese nicht etwa auf Rollen sondern auf hölzernen Kufen, die in Dachlattenstärke auf die dünnen Holzbalken am unteren Ende der Körbe aufgeschraubt sind. Sind diese Dachlatten verschlissen, können sie ohne viel Aufwand ersetzt werden.
Dass das Prinzip überhaupt funktioniert, ist den teils recht steilen Hängen Madeiras zu verdanken und natürlich den beiden meist kräftigen Begleitern, die die Schlitten an Seilen mit einem kräftigen Zug in Bewegung setzen. Fürchten muss sich in diesen Teilen aber niemand, denn die Reibung des Holzes auf dem Asphalt ist in aller Regel so groß, dass keine angsteinflößenden Geschwindigkeiten erreicht werden und die Begleiter an flacheren Passagen den Schlitten sogar kinetische Energie zuführen müssen, damit diese nicht stehen bleiben.
In jedem Fall sollte man sich vor einer Korbschlittenfahrt gut überlegen, wie man an deren Zielstation wieder wegkommt. Die liegt nämlich keineswegs im Stadtzentrum von Funchal sondern immer noch deutlich oberhalb. Somit ist man entweder gezwungen den steilen Berg wieder hoch oder ins Tal nach Funchal zu laufen oder eines der Taxis zu nehmen, die da auf wundersame Weise in größerer Zahl herumstehen. Die Taxifahrer wissen natürlich um die Not so manchen Schlittenfahrers und lassen sich den kurzen Abstecher nach Funchal gut bezahlen.
Von der Korbschlittenstation ist es nur einen Katzensprung bis zum Tropischen Garten Monte Palace (Jardim Tropical Monte Palace). Im Grunde genommen ist das, neben dem eigentlichen Botanischen Garten Funchals noch ein weiterer, der sich hoch oben über der Stadt Funchal über eine Fläche von 70.000 m², also etwa 7 Fußballplätze erstreckt und in dem man neben den zahlreichen Pflanzen einige ausgewählte Tierarten, zahlreiche Kunstobjekte, Azulejos und Mineralien bewundern kann.
Endstation der Seilbahn von Funchal Altstadt kommend unmittelbar vor dem Eingang des Tropischen Gartens Monta Palace.
Zugehörige Talstation und nachfolgend die Tarife im Mai 2018.
Hat man keinen Mietwagen kann man mit dem Bus hier herauf fahren oder unten in Funchal in der Nähe des Hafens in die Seilbahn einsteigen, die einem direkt vor dem Eingang zum „Monte Palace“ wieder ausspuckt. Hin- und Rückfahrt kosten 16 € pro Person. Der Eintritt in den „Monte Palace“ 10,50 p.P., wenn sich Michael richtig erinnert. Für zwei Personen können da schnell 50 € zusammenkommen, ein nicht ganz billiges aber absolut lohnendes Vergnügen.
Tropischer Garten Monte Palace
Michael liebt "Lebenden Fossilien" wie die Baumfarne, die bereits im Karbonzeitalter, also lange vor den Dinosauriern existierten und sollte deswegen eigentlich unbedingt einmal nach Tasmanien reisen. Aber weil das ja nun nicht gerade um die Ecke liegt, erhält er hier zumindest einen ersten Eindruck, wie es dort aussehen könnte.
Einen erheblichen Teil der Fläche nimmt der Japanische Garten ein, in dem Stilelemente japanischer Baukunst harmonisch in die üppige Pflanzenwelt integriert sind. Da Hanglagen in Madeira eher die Regel als die Ausnahme sind, erstreckt sich auch dieses recht große Areal über etliche Höhenmeter. Und da sollte man, um alle Teile dieses herrlichen Gartens sehen zu können, noch einigermaßen gut zu Fuß sein. Ein Ausschlusskriterium ist das allerdings nicht. Denn wir sehen etliche, vermutlich elektrisch angetriebene Fahrzeuge, die es auch weniger lauffreudiger Kundschaft ermöglichen alle interessanten Punkte anzusteuern.
Tropischer Garten Monte Palace
Das deutliche Gefälle hat aber auch einige Vorteile. Denn in so einem Areal lässt sich wunderbar mit Wasserläufen spielen, ohne dass man zahllose Pumpen bemühen müsste, und das nutzen die Landschaftsarchitekten auch geschickt aus. Darüber hinaus ermöglichen eine ganzen Reihe von Aussichtspunkten und zahlreiche Brückchen immer neue Einblicke in das Gesamtkunstwerk aus Botanik, Wasserspielen und künstlerischer Gartengestaltung. Man kann sich kaum sattsehen und die Zeit verrinnt einem zwischen den Fingern. Das führt dann fast immer auch dazu, dass wir bei einem ersten Besuch ein solches Gesamtkunstwerk nur sehr oberflächlich erfassen, weil man von der Fülle der Eindrücke einfach erschlagen wird. Und so ist es tatsächlich auch hier. Man kann es nicht oft genug sagen. Einmal ist keinmal.
Bezüglich der Historie des Tropischen Gartens Monte Palace haben wir folgende Informationen bei wikipedia geklaut: „Das Gelände wurde im 18. Jahrhundert von dem englischen Konsul Charles Murray gekauft und gelangte 1897 in Besitz von Alfredo Guilherme Rodrigues, der dort ein luxuriöses Wohnhaus errichtete, das später in ein Hotel umgewandelt wurde, das Monte Palace Hotel. Nach dem Tode Rodrigues' gelangte das Hotel in Besitz eines Kreditinstituts, welches es 1987 an den Unternehmer José Berardo weiterverkaufte. Dieser reichte den Garten an eine Stiftung weiter, die ihn heute betreibt“.
Wir wissen nicht, wie repräsentativ unser heutiger Besuch im Hinblick auf das Besucher-aufkommen war. Wir empfanden es jedenfalls als angenehm, dass sich die Besucher in dem doch recht großen Gelände gut verteilen.
Türen in Funchal.
Ist das Kunst oder kann das weg?