Mittwoch, 07.06.2023
Wir verlassen die Südspitze Ölands und bewegen uns unweit der Ostküste auf der Straße H 925 nach Norden. Der Süden Ölands ist fast unbewaldet. Die Straße ist zwar nicht allzu breit, aber in gutem Zustand und es ist kaum Verkehr. Hier Auto zu fahren macht riesig Spaß. Allerdings hat Schweden noch keine Schulferien. In 4 Wochen könnte das anders aussehen. Denn Öland ist ausgesprochen beliebt als Feriendomizil (Quelle: openstreetmap, Lizenz CC-BY-SA 2.0).
Gute Sicht in alle Richtungen.
Etwa 15 km nördlich des Leuchtturms fahren wir den winzigen Fischereihafen Gräsgårds fiskehamn an.
Dort machen wir einen kurzen Ausflug und schon geht es weiter in Richtung Inselzentrum. Hierzu fahren wir zunächst zurück an die H 925, weiter nach Norden bis zu der kleinen Siedlung Torngård und folgen dann dem Torngårdsvägen bzw. der H 930 nach Westen in Richtung Degerhamn. Nach 4,5 km sind wir mitten im Trockengebiet Stora Alvaret und sehen am Rande der Straße einen kleinen Rastplatz mit Bank-Tisch-Gruppe. Rundherum kaum ein Baum oder Strauch, nur steinerne Trockenmauern und überwiegend botanische Spezialisten, die hier ihr karges Dasein fristen. Im Hochsommer wäre uns das zu heiß hier, aber bei 20 Grad und einem lauen Lüftchen lässt es sich sogar in der Sonne lange aushalten. Bei Kaffee und Gebäck sitzen wir hier wunderbar.
Stora Alvaret, das Trockengebiet im Zentrum des südlichen Ölands.
Das Wort Alvar bezeichnet im heutigen Schwedisch ein nahezu baumloses, für die Landwirtschaft ungeeignetes Land mit einer dünnen Vegetationsschicht auf felsigem Kalkuntergrund. Die wissenschaftliche und nunmehr international gebräuchliche Definition fügt hinzu, dass der Kalkfels vom Eis der Eiszeit mehr oder weniger plan gehobelt wurde und dass Alvar ein sommertrockenes, hemiboreales Klima aufweist. Ein Alvar ist ein einzigartiges, in sich differenziertes Biotop mit einer charakteristischen Flora und Fauna (Wikipedia).
Das Stora Alvaret ist das größte Alvargebiet der Erde und stellt ein Viertel der weltweit vorhandenen Alvarfläche dar. Das Alvar befindet sich auf einem Ordovizium-Kalkuntergrund. Es handelt sich um eine der letzten naturbelassenen Karstlandschaften in Europa. Das Stora Alvaret wurde am 30. November 2000 mit der Umgebung als Agrarlandschaft Südölands zum Welterbe der UNESCO erklärt und darf daher nicht mehr verändert werden. Im Sommer werden die Tiere der öländischen Bauern auf das Alvar getrieben und erst im Herbst wieder abgeholt.
Das Gebiet beginnt etwa südlich des Ortes Färjestaden. Es ist etwa 40 km lang und 10 km breit und nimmt auf einer Fläche von etwa 26.000 Hektar (260 km²) den gesamten inneren südlichen Teil Ölands und damit etwa ein Viertel der Insel ein. Durch das Stora Alvaret führen drei West-Ost verlaufende Straßen. Zwischen Kastlösa und Skärlöv durchquerte zeitweise eine Eisenbahnstrecke das Alvar. Der Eisenbahndamm der 1961 stillgelegten Strecke dient heute als Rad- und Wanderweg.
Das Alvar ist aufgrund seiner vielfältigen geologischen und botanischen Differenzierung mitnichten die einförmige Landschaft, als die sie sich dem ungeübten Auge
darbietet.
Die weite Ebene ohne menschliche Behausungen wird von vereinzelten Büschen besiedelt – das sind insbesondere der in ständiger Ausbreitung begriffene Wacholder
(Juniperus communis), die Hunds-Rose (Rosa canina), der Zweigriffelige Weißdorn (Crataegus laevigata) und die Schlehe (Prunus spinosa). Hier und da findet man Ansammlungen der von den Gletschern
der Eiszeit zurückgelassenen Findlingsblöcke.
Unser Rastplatz am Rande des Stora Alvaret, 4,5 km westlich der Siedlung Torngård, am Torngårdsvägen (Straße H 930) gelegen. Hier haben wir nun auch etwas Zeit für
die Planung der weiteren Route. Beim Sichten der Unterlagen aus dem Naturum Langer Jan, fällt Angelika auf, dass wir an einer restaurierten alten Burg vorbeigefahren sind. Die Bilder sind
vielversprechend und obwohl die Zeit schon weit fortgeschritten ist, fahren wir noch mal die 15 km zurück, um uns das anzusehen.
Burg Eketorp: Weil unser Besuch kurz entschlossen erfolgt, haben wir die Besuchszeiten gar nicht im Kopf und
als wir kurz nach 17:00 Uhr vor Ort eintreffen, ist das Besucherzentrum bereits geschlossen. Ob Eintritt verlangt wird, können wir dem entsprechend nicht
sagen. Aber wir haben Glück, die Burg selbst ist offen und wir können uns alles in Ruhe ansehen.
Die Burg Eketorp
Die eisenzeitlichen Burgen auf Öland (schwedisch Ölands fornborgar, eigentlich früh- bzw. vorgeschichtliche Ringwallanlagen oder Wallburgen) sind etwa 20 zumeist runde oder ovale Einhegungen mit bis zu 210 m Durchmesser, aus Trockenmauerwerk, die wegen ihrer Grundrisse und anderer architektonischer Elemente bemerkenswert sind. Sie unterscheiden sich von anderen prähistorischen Anlagen in Skandinavien in der Bauweise. In der Form kommen ihnen die etwas jüngeren Wikingerburgen nahe. Es gibt 16 Anlagen, die mehr oder weniger gut erhalten bzw. restauriert worden sind.
Auf Öland und Gotland gibt es so genannte Tieflandburgen, die sich von jenen auf dem Festland unterscheiden. Die bekanntesten vorzeitlichen Wallburgen sind: Burg von
Bårby, Burg Eketorp, Gråborg, Hässleby borg, Burg Ismantorp, Sandby borg, Träby borg und Triberga. Nur wenige wurden bisher archäologisch
untersucht.
Im ersten Jahrtausend unserer Zeitrechnung muss ein solches Bauwerk durchaus Eindruck gemacht haben, wenn nicht gerade eine riesige Armee anrückte.
Verwendet wurden die Baustoffe, die zur Verfügung standen und möglichst wenig Transportaufwand benötigten.
Wieder errichtete Behausungen der ehemaligen Burg.
Und hier noch einmal in der Übersicht.
Einer der Eingänge zur Burg.
Interessante Pflanze, leider haben wir keine Ahnung, worum es sich handelt.
Für unser Nachtlager haben wir uns den sehr kleinen Hafen Skärlöv Hamn ausgesucht. Es ist allerdings schon nach 19:00 Uhr und wir wissen, dass es um diese Zeit überall schwierig sein kann, noch ein Nachtlager zu finden. Aber es ist ja hier so lange hell und immer noch Vorsaison, da machen wir uns nicht allzu viele Gedanken.
Unser Womo steht in der Einfahrt in die Nebenstraße nach Skärlöv Hamn. Die Zufahrt ist so schlecht markiert, dass wir beim ersten Versuch glatt daran vorbei gefahren sind. Wir hatten fast den Eindruck, dass man die Touris gar nicht so gerne dort haben möchte.
So geht es hinter dem Gehöft weiter. Die Straße ist schmal, aber gut befahrbar.
Und so sieht es dann in Skärlöv Hamn aus. Platz ist eigentlich nur für 3 Womos vorhanden, 4 stehen aber schon da und wir sind die Fünften, müssten nun aber schon in dem Bereich stehen, der für die Pkw vorgesehen ist. Keine gute Voraussetzung. Also parken wir zwar kurz, aber nur, um uns die Location mal anzusehen und anschließend ein anderes Nachtlager zu suchen.
Bei unserem Spaziergang treffen wir auch einige freundliche Anwohner, die uns erklären, warum der Pkw-Parkplatz unbedingt freigehalten werden muss. Die Location ist sehr bekannt bei Vogelkundlern. Deshalb kommen die häufig an diesen Platz im Zweifel auch rund um die Uhr und wenn etwas Interessantes zu sehen ist, dann geht das wie ein Lauffeuer durchs Netz und hier herrscht in kurzer Zeit großer Andrang. Wenn der Platz dann mit Womos zugeparkt ist, gibt es Stress, das möchte man natürlich vermeiden.
Ein wirklich gepflegter kleiner Hafen, an dem man sich gerne für eine oder zwei Nächte niederlässt. Man muss halt am Anreisetag früh kommen und ein wenig Glück haben. Blieben wir nur 2 Wochen in Schweden, würden wir hier sicher kein Nachtlager suchen.
Und ein ruhiger Platz noch dazu glücklich, wer sich hier für eine Nacht niederlassen darf. Wir gehören jedenfalls nicht dazu und so müssen wir uns nun eine schnelle
Lösung überlegen, denn der Tag wird lang und länger. Michael nimmt die Mühlen von Lerkaka ins Visier und spekuliert darauf, dass es dort einen Rastplatz mit Toiletten geben
könnte.
Es ist immer noch schön hell, als wir an den Mühlen eintreffen, aber schon nach 20:00 Uhr und wir haben noch nichts zu Abend gegessen. Der Tag war lang, wir sind viel gelaufen und haben ziemlich Kohldampf. Aber wir haben auch Glück, denn es gibt direkt hinter den Mühlen einen kleinen ebenen Parkplatz mit 5 Plätzen, der völlig leer ist, sodass wir freie Auswahl haben und ruckzuck eingeparkt sind. Während Angelika das Abendessen vorbereitet, nutzt Michael das schöne Abendlicht, um die Mühlen abzulichten.
Die flache Landschaft der Insel und die Nähe zur See begünstigten schon immer den Betrieb von Windmühlen. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich der Besitz einer Windmühle für viele Bauern zu einer Art Statussymbol. Die meisten Höfe deckten mit einer Mühle den Eigenbedarf ab. In den Jahrzehnten nach der industriellen Revolution verloren die Windmühlen jedoch immer mehr an Bedeutung. Die meisten verfielen im Laufe der Zeit und wurden abgerissen, etwa 400 blieben erhalten und zieren heute das Landschaftsbild der Ostseeinsel.
Die hier zu sehenden Mühlen von Lerkaka sind ebenso wie die Windmühlenreihe in Störlinge (10 km südöstlich Borgholm, an der
Straße H 974 gelegen) ein Wahrzeichen der Insel. Aufgrund ihres guten Zustandes zählen die Lerkaka-Mühlen zu den schönsten auf ganz Öland. In Störlinge befindet sich wiederum die längste Reihe
mit sieben gut erhaltenen Bockwindmühlen.
Die größte Mühle in Nordeuropa befindet sich ebenfalls auf Öland. Sie steht in Sandvik ca. 25 km nördlich von Borgholm an der Westküste Ölands. Sandviks Kvarn (dt.
Sandviker Mühle) ist eine Holländerwindmühle, die wir aus zeitlichen Gründen leider nicht mehr besuchen konnten. Das beeindruckende achtstöckige Gebäude misst eine Höhe von 26 Metern. Sandviks
Kvarn wurde ursprünglich im Jahr 1856 auf dem schwedischen Festland in Vimmerby errichtet. Nachdem die Flügel einen Schaden erlitten hatten, wurde das Gebäude anderweitig genutzt und später
verkauft. Der Käufer ließ die gesamte Mühle demontieren und auf Öland wieder aufbauen.
Die einzige erhaltene Scheuermühle Schwedens findet sich in Jordhamn (unweit Sandvik), an der Westküste Ölands. Die wäre sicher auch einen Besuch wert gewesen. Sie
diente dazu, abgebaute Kalksteine plan zu schleifen und war bis in die 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts in Betrieb. Nachdem aber das Schleifen der Steine industriell erfolgte, wurden die
windbetriebenen Scheuermühlen aufgegeben. Jedes Jahr im Sommer wird die letzte ihrer Art aber noch zu Demonstrationszwecken in Betrieb genommen (überwiegend Wikipedia)
Klorollen für Riesen nannte unsere Tochter diese Gebilde, als sie 5 Jahre alt war. Trifft die Sache ganz gut.
Eine der Bockwindmühlen am Morgen nach unserer Ankunft. Nun ist das Licht günstiger für die Rückseite der Mühle. Das muss natürlich genutzt werden. Die Bockwindmühle ist der älteste Windmühlentyp in Europa. Kernmerkmal dieses Mühlentyps ist es, dass das gesamte Mühlenhaus auf einem einzelnen dicken Pfahl (dem „Hausbaum“) steht der senkrecht in einem unterhalb der eigentlichen Mühle befindlichen hölzernen Stützgestell (dem namengebenden „Bock“) befestigt ist. Auf dem Bock kann die gesamte Mühlenmaschinerie mittels der Hebelwirkung des Außenbalkens in den Wind gedreht werden.
Trockentoilette direkt gegenüber unseres Parkplatzes.