Ankerfoto Baltikum
Im Rahmen einer knapp 10-wöchigen Wohnmobilreise besuchen wir im Frühsommer 2025 das Baltikum. Die Wenigsten werden sich eine so lange Reise durch diesen doch etwas abgelegenen Landstrich leisten wollen. Wir liegen also mit unserem Ansinnen nicht gerade im Trend und dafür gibt es auch gute Gründe. Zum einen verfügt das Baltikum nicht gerade über ein badefreundliches Klima, darüber hinaus werden die drei Kleinstaaten von einem übermächtigen Nachbarn bedroht und es fehlt die Fülle herausragender Bauwerke und kultureller Einrichtungen, wie man sie in vielen Ländern West- und Südeuropas antrifft. Und leider ist inzwischen auch der Preisvorteil, mit dem diese Länder lange punkten konnten in mancherlei Hinsicht dahin.
Auf der anderen Seite sind alle drei Staaten dünn besiedelt. Somit bleibt viel Natur und damit auch viel Fläche um sich dort auszubreiten. Abgedroschen ausgedrückt kann man hier die Seele baumeln lassen. Und angesichts einer Fülle von kostenlosen Stellplätzen kann man zumindest bei den Übernachtungskosten ordentlich sparen. Von Overtourism ist in der Nebensaison zumindest abseits der Hauptstädte nichts zu spüren. Was Michael ganz besonders beeindruckt hat, ist die Innovationsfreude und das mutige Einstehen für die Freiheit, die uns Mitteleuropäern inzwischen etwas abhanden gekommen ist.
Geographie
Die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen haben insgesamt eine Bevölkerung von etwa sechs Millionen Menschen, verteilt über eine Fläche von etwa 175.000 km². An das Baltikum grenzen östlich Russland, Belarus, südlich Polen und die russische Exklave des Kaliningrader Gebiets sowie westlich und nördlich die Ostsee bzw. der Finnische Meerbusen an. Lettland und Litauen haben eine Fläche von rund 65.000 km², Estland eine Fläche von etwa 45.000 km². Die erstgenannten sind somit also etwas kleiner als Bayern (ca. 70.000 km²), Estland ist etwas kleiner als Niedersachsen mit 47.000 km² bzw. gut doppelt so groß wie Hessen.
Anfahrt
Die Anfahrt erfolgt vom Rhein-Main-Gebiet über Bamberg, Görlitz, Lodz, Warschau und Suwalken. Letzteres liegt noch in Polen kurz vor der Grenze zu Litauen. Die Autobahn in Polen ist aktuell auf der von uns gewählten Strecke für Fahrzeuge unter 3,5 Tonnen mautfrei. Die Gesamtstrecke vom Rhein-Main-gebiet bis zur litauischen Grenze beträgt etwa 1.400 km, das ist ähnlich lang wie die Atlantikroute durch Frankreich nach Spanien. Da die Route ins Baltikum aber überwiegend aus Autobahnen und gut ausgebauten Landstraßen besteht, ist die Strecke für uns in 3 Fahrtagen gut zu bewältigen.
Unsere Route durch das Baltikum
Für die Planung der aktuellen Route hat Michael den Womoführer Baltikum als Grundlage genommen. Die drei Hauptstädte haben wir allerdings aus dem Reisebericht bewusst herausgenommen und separat aufgeführt. Wer nur einen Kurztripp per Flugzeug für ein verlängertes Wochenende plant, der findet so schneller wonach er sucht. Grundsätzlich plant Michael seine Reisen lieber komplett selbst, aber in dem Fall bot es sich einfach an hiervon abzuweichen und den Womoführer als Grundlage zu nehmen. Im Womoführer Baltikum sind 17 Einzeltouren ausgehalten, die fast alle lohnenden Ziele dieser drei Staaten beinhalten. Wir sind die Touren nicht exakt nachgefahren, haben sie aber doch in weiten Teilen nachvollzogen. Allerdings muss man auch sagen, dass sich aufgrund der dünnen Besiedlung des Baltikums und des ausgedünnten Straßennetzes so manche Route ganz von selbst ergibt.
Von Polen kommend, starten wir unsere Baltikumreise in Litauens Süden, wenden uns dann von Kaunas nach Westen an die Ostseeküste, und folgen der Küste mit einigen größeren Ausflügen ins Landesinnere immer weiter nach Norden. Am Ende der Tour 4 erreichen wir Bauska und damit Lettland.
Von hier aus geht es zurück in Richtung Ostsee nach Ventspils und dort weiter zum Kap Kolka. Am Kap Kolka erreichen wir die Bucht von Riga, der wir nun nach Südosten bis in die gleichnamige Hauptstadt Estlands folgen. Von Riga wenden wir uns wieder nach Norden bis wir bei der Stadt Ainaži den nördlichsten Staat des Baltikums, Estland erreichen (Ende der Tour 8). Von Ainaži fahren wir über Pärnu in Richtung Virtsu, wo wir mit der Fähre auf die drei großen Inseln Estlands, Muhu, Saarema und Hiiumaa übersetzen.
Von der Insel Hiiumaa kommend, erreichen wir unweit Haapsalu wieder das Festland und bewegen uns nun in Richtung der nördlichen Ostseeküste des Baltikums, der wir bis zur estnischen Hauptstadt Tallinn folgen. Von Tallinn aus geht es nach Osten bis nach Narwa an der russischen Grenze. Von Narwa aus führt unser Weg meist unweit der russischen Grenze durch die drei baltischen Staaten wieder nach Süden bis in die litauische Hauptstadt Vilnius. Hier endet unsere Baltikumsreise und wir fahren über Polen zurück nach Hause.
Von den knapp 10 Wochen Gesamtreisezeit haben wir mehr als 8 Wochen in den drei baltischen Staaten verbracht. Abgesehen von den drei Hauptstädten glänzen alle drei Staaten mit reichlich Natur. Dabei sind sie weniger gebirgig als Norwegen oder Schweden. Für alle, die weniger gut zu Fuß sind erleichtert das die Erkundung auf Schusters Rappen. Die Landschaften sind aber auch etwas monotoner ausgebildet. Einen Tod muss man wie immer sterben.
Bei den Hauptstädten sind sich Angelika und Michael einig. Unter Berücksichtigung aller für Wohnmobilisten relevanten Aspekte liegt Vilnius (Litauen) für uns an dritter Stelle, Riga (Lettland) gefiel uns ein wenig besser und der klare Sieger ist Tallinn (Estland). Ob groß oder klein, wir lieben kompakte Städte, verwinkelte Gassen, bunte Märkte und historisches Flair und da bot uns Tallinn so ziemlich genau das, was wir uns vorstellen. Davon abgesehen ist es keineswegs so, dass sich ein besuch von Vilnius nicht lohnen würde. Vilnius hatte auch ein wenig Pech, weil wir dort das schlechteste Wetter hatten und durch die beiden anderen hauptstädte schon etwas gesättigt waren. Also fahrt ruhig auch nach Vilnius und lasst euch von unserer subjektiven Einschätzung nicht abschrecken.