Jugendstil begleitet die Besucher Rigas auf Schritt und Tritt. Schließlich sollen in Riga um die 800 Jugendstilgebäude stehen, da wird man schwerlich an ihnen vorbeilaufen können. Der Jugendstil ist ein Kunststil, der auch als "Art Nouveau" oder "Modern Style" bezeichnet wird. Die Epoche dauerte in etwa von 1890 bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges 1914.
Das Kärtchen zeigt die Straßenzüge mit den schönsten Jugendstilbauten Rigas (Quelle: OpenStreetMap, Lizenz CC-BY-SA 2.0).
Touristen, die nur kurz in der Stadt sind, verlieren leicht den Überblick und glauben. mit dem Altstadtbesuch den wesentlichen Teil der städtischen Gebäude gesehen zu haben. Und in vielerlei Hinsicht stimmt das auch. Bei den Jugendstilbauten liegen sie damit allerdings daneben, denn da stehen die prächtigsten Gebäude nicht in der Altstadt. Wer die sehen möchte, muss sich insbesondere in der Elisabetes iela, der Alberta iela, der Strelnieku iela und der Vilandes iela umsehen.
In der Alberta iela 12 befindet sich im Übrigen auch das Rigaer Jugendstilmuseum, das sich Michael sehr gerne angesehen hätte. In den Räumlichkeiten dieses Museums lebte und arbeitete bis 1907 der lettische Architekt Konstantīns Pēkšēns, der das Haus auch entworfen hat. Leider wollte der Besuch des Museums bei unserem ersten Aufenthalt in Riga einfach nicht in unseren Zeitplan passen. Wetterkapriolen sorgten dafür, dass wir uns ein wenig sputen mussten, um die wichtigsten Stadtteile wenigstens einmal auch im Sonnenschein fotografieren zu können. Dadurch blieb so manches auf der Strecke.
Die Hauptstadt Lettlands ist eine der wichtigsten Städte der Jugendstilbewegung. Diese hohe Konzentration an Jugendstilgebäuden trug dazu bei, dass das historische Zentrum von Riga in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen wurde.
Der Jugendstil in Riga ist hauptsächlich an den Fassaden imposanter Gebäude zu sehen, die oft mehr als zwei Stockwerke und viele Buchten haben. Der Jugendstil ist hauptsächlich durch die auffällige Präsenz von Formteilen, Skulpturen und Statuen geprägt, die häufig Figuren aus der griechischen und römischen Mythologie sowie Faunen oder teuflische Kreaturen darstellen, und die Fassaden sind fast immer symmetrisch. Einige Konstruktionen sind auch von der lettischen Nationalromantik inspiriert. So kann man Eichenblätter, Bäume, Blumen, Tannenzapfen oder Tiere der Region sehen. Andere Gebäude haben viel nüchternere Fassaden, die sich auf den nordischen Jugendstil beziehen, wie Friese mit Designs und Mustern, die für skandinavische Länder spezifisch sind.
Der Hauptarchitekt ist Mikhail Eisenstein (1867-1921), ein Deutsch-Baltiker aus St. Petersburg. Er ist der Vater des russischen Filmemachers Sergei Eisenstein, Autor des berühmten Schlachtschiffs Potemkin. Seine Arbeiten befinden sich hauptsächlich in der Alberta iela und seine Werke gehören zu den bekanntesten und am meisten bewunderten in der baltischen Stadt.
Die Letten Konstantīns Pēkšēns (1859-1928) und Eižens Laube (1880-1967) gehören ebenfalls zu den einflussreichsten und produktivsten Architekten beim Bau von Jugendstilgebäuden in der lettischen Hauptstadt.
Wir können auch den deutsch-baltischen Autor Friedrich Scheffel (gestorben 1913) des Hauses der schwarzen Katze zitieren, der oft mit Heinrich Scheel, aber auch Wilhelm Bockslaff (1858-1945) oder Paul Mandelstam (1872-1941) in Verbindung gebracht wurde.
Der Jugendstil von Riga kann in vier Kategorien eingeteilt werden: die eklektische oder dekorative, die senkrechte oder vertikale, die nationale Romantik und die neoklassische.
Von Eižens Laube entworfenes Gebäude in der Alberta iela 11 in Riga. Wie unschwer zu erkennen ist, tanzt die Fassade ein wenig aus der Reihe. Vintage hin oder her, hier besteht Handlungsbedarf.
Ein von Mikhail Eisenstein entworfenes Gebäude in der Alberta iela 10a.
Ein von Konstantīns Pēkšēns entworfenes Gebäude in der Alberta iela 9, Riga 1901.
Von Mikhail Eisenstein entworfenes Gebäude in der Alberta iela 8, Riga 1903.
Ein weiteres von Mikhail Eisenstein entworfenes Gebäude in der Alberta iela 6, Riga 1904. Eisenstein widersetzte sich mit seiner Jugendstilarchitektur der seinerzeit in Riga vorherrschenden neoklassizistischen Bauweise nach Sankt Petersburger Vorbild. Während er zu Beginn seiner Architektenlaufbahn als „verrückter Zuckerbäcker“ verspottet wurde, erhielt er später als „Architekt des Jugendstils“ zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen.
Auch dies ein von Mikhail Eisenstein entworfenes Gebäude in der Alberta iela 13 / Ecke Strelnieku iela, Riga 1904.
Frisch renoviertes Gebäude in der Strēlnieku iela 4.
Von Mikhail Eisenstein entworfenes Gebäude in der Alberta iela 2 und 2a, Riga 1906.
Gebäude in der Elizabetes iela 7/ Ecke Ausekla iela.
Kiosk gegenüber Elizabetes iela 7.
Vielleicht das Meisterwerk von Mikhail Eisenstein in der Elizabetes iela 10b, Riga 1903. Eisenstein entwarf seine Häuser beginnend mit der reich verzierten Fassade, deren Details er peinlich genau zeichnete. Erst danach plante er den Rest „hinter der Fassade“. Mit mehr als fünfzig von ihm entworfenen Häusern prägte er das Stadtbild der Neustadt von Riga entscheidend.
Meisterwerk von Mikhail Eisenstein in der Elizabetes iela 10b.
Gebäude in der Elizabetes iela 11 / Ecke Vilandes iela.
Eingang Gebäude Elizabetes iela 15.
Gebäude in der Elizabetes iela 19.
Gebäude in der Elizabetes iela 21, Ecke Pulkveža Brieža iela.
Gebäude in der Vilandes iela 16 / Ecke Vidus iela.
Gleich neben der Neuen Baptisten-Kirche schließt ein wirklich prächtiges Gebäude in der Vilandes iela 11 / Ecke Vidus iela an.
Reich geschmückt mit zahlreichen Fresken gibt das Gebäude ein wirklich tolles Bild ab. Das Gelb ist Michael etwas zu dunkel geraten, aber da hat natürlich jede und jeder seinen eigenen Geschmack und vielleicht gibt es ja auch historische Gründe, genau diesen Farbton auszuwählen.
Die Krönung ist der Eingangsbereich. Die Bauten sind bestimmt alle sehr teuer gewesen. Wenn man aber bedenkt, dass sich Menschen mehrere Jahrhunderte daran erfreuen können, auch wenn sie nicht das nötige Kleingeld haben, um so etwas bauen zu lasen, dann werden Kosten doch schon wieder relativ.
Die Neue Baptisten-Kirche (lettisch: Jaunā baptistu baznīca), das 1887 aus hellem Ziegelstein im historisierenden Baustil errichtete Gotteshaus befindet sich am nördlichen Rand des Zentrums von Riga in unmittelbarer Nähe des Hafens in der Vīlandes iela 9.
Die hier vorgestellten Gebäude gehören sicherlich zu den schönsten und besonders aufwändig gestalteten Häusern, die man in Riga finden kann. Darüber gibt es über die ganze Stadt verteilt viele weitere Gebäude, die sich keinesfalls verstecken müssen.