Vilnius planlos

Bei begrenzter Zeit strategisch eine Stadt zu erkunden ist eher Michaels Ding. Nachdem wir ursprünglich 3 Tage für Vilnius eingeplant hatten, uns nun aber kurzfristig entschlossen haben, zwei zusätzliche Tage dranzuhängen, lassen wir uns heute einfach mal durch die Stadt treiben und beginnen damit am Bahnhof, den wir mit dem 2G Bus erreichen. Frisch in den Beinen vom Campingplatz kommend, geht es überwiegend leicht bergab in Richtung Stadtzentrum. 

Vilniaus autobusų stotis, der im Süden der Altstadt und schräg gegenüber des Bahnhofs gelegene Busbahnhof von Vilnius gibt architektonisch nicht viel her. Aber man kann hier immerhin einmal sehen, wie viele Verbindungen ins Land, aber auch in die Nachbarländer existieren. Und wenn man etwas mehr Zeit zur Verfügung hat, bieten sich auch diverse Ausflüge z. B. nach Kaunas oder zur Wasserburg Trakai an.   

Der Bahnhof (litauisch geležinkelio stotis) der litauischen Hauptstadt Vilnius im Süden des Stadtzentrums. 

Ein architektonisches Glanzstück sieht Michael auch hier nicht, aber Bahnhöfe und mehr noch Lokomotiven und Züge ziehen ihn magisch an. 

Kleine Kunstinstallation am Bahnsteig des Hauptbahnhofs von Vilnius. Wohin mit Eurem Müll könnte der Untertitel sein.  

Dieses Einstein-Portrait soll Etto Ja aus Litauen angefertigt haben. Der mag dicke Linien, klare Formen und knallbunte Farben. Leider hat die Fassade schon ein wenig gelitten. Uns gefällt so etwas, verleihen diese bunten Farbtupfer jedem Kiez doch gleich einen ganz anderen Touch.

Und hier, in der Pylimo gatve 60 noch mehr Streetart bzw. Wandmalerei, auch als Mural bezeichnet. Murals sind eine Form der Malkunst, bei der das Bild nicht wie bei einer Tafelmalerei auf eine Holztafel oder Leinwand aufgetragen wird und zum mobilen Einsatz bestimmt ist, sondern auf eine Wand oder Decke so appliziert wird, dass es fest mit dem Untergrund verbunden ist. Die Wandmalerei ist neben der Bildhauerei die älteste überlieferte Kulturleistung der Menschheit. Murals sind fast immer Auftragsarbeiten, die zur Verschönerung von Gebäuden dienen und Einrichtungen oftmals in ihrer Aussagekraft unterstützen.  

Und hier das Mural vom rechten Bildrand des oberen Fotos in voller Pracht. Von der Malkunst her mag das primitiv anmuten. Michael wäre allerdings mehr als zufrieden, wenn er so etwas zeichnen könnte.  

Der Haupteingang zum Hallenmarkt. Auch der ist nur wenige Hundert Meter von Bahnhof und Busbahnhof entfernt. 

Und hier direkt gegenüber des Hallenmarktes sehen wir an prominenter Stelle die Giebelwand der Poliklinik in der Pylimo gatve 56. Der italienische Künstler Millo, der anlässlich der dritten Ausgabe des Vilnius Street Art Festivals in der Stadt war, schuf dieses Bildnis. 

 

In Vilnius gibt es auch eine Open-Air-Galerie, die mit farbenfrohen Meisterwerken der Straßenkunst glänzt. "Open gallery" ist eine internationale Street-Art-Galerie im Freien, die das ganze Jahr über 24/7 für Kunstliebhaber geöffnet ist. Die Galerie befindet sich im oberen Teil des postindustriellen Viertels Naujamiestis, im ehemaligen ELFA-Fabrikblock. Es ist ein kontinuierliches Projekt, das jedes Jahr mit neuen Meisterwerken der zeitgenössischen Kunst wächst. Da wir selbst es nicht gesehen haben, können wir die Qualität der Werke nicht beurteilen. Von den Bildern im Netz sind wir nicht besonders beeindruckt. Die Location ist allerdings in Altstadtnähe. Der Fußweg vom Hauptbahnhof beträgt etwa einen Kilometer. Wer genügend Zeit hat, sollte sich das einmal ansehen.

Das Litauische Theater-, Musik- und Kinomuseum (LTMKM). Die Institution sammelt, bewahrt, erforscht, restauriert und fördert die Werke litauischer Theater-, Musik- und Filmkünstler, die in Litauen und im Ausland leben, und engagiert sich auch für die Förderung der kreativen Aktivitäten von Kunstbildungseinrichtungen und Kulturorganisationen. Es befindet sich im Kleinen Radvilos-Palast (litauisch: Mažieji Radvilų rūmai) in der Vilniaus gatve 41.

Das Großfürstliche Schloss zu Vilnius (litauisch Valdovų rūmai) ist der ehemalige Sitz der Großfürsten von Litauen in Vilnius. Gegründet im 13. Jahrhundert, wandelte es sich während der Herrschaft von Sigismund III. Wasa zur barocken Vierflügelanlage. Nach dem Abriss 1801 durch die russische Gouvernementsverwaltung wurde es 2002 bis 2009 vom litauischen Staat wiederaufgebaut. Seitdem ist es Sitz des Schlossmuseums und Teil der UNESCO-Welterbestätte Historisches Zentrum von Vilnius. 

Die Senatoriu pasažas bzw. Senatoren-Passage befindet sich in der Dominikonų-Straße 11 und ist von Dienstag bis Samstag geöffnet. Der Innenhof des Gebäudes wurde in einen Arkadengang verwandelt, der sowohl von der Dominikonų-Straße als auch von der Stiklių-Straße aus zugänglich ist.

Die Firma Bolt, ein estnisches Start-up, ist überall im Baltikum präsent und stellt E-Scooter und E-Bikes sowie Mietwagen und Taxen zur Verfügung. 

Mit der französischen Lebensart können die Litauer offensichtlich einiges anfangen. Französisch anmutende Cafés und Restaurants sehen wir einige in der Stadt. Hier das Café Montmartre in der Didžioji gatve 40.

Claire hat uns eine ganze Reihe von Humana 2nd-Hand-Shops empfohlen, die wir dann nach und nach abgeklappert haben. Anfangs hatten wir kein Glück. Anders als in den 2nd-Hand-Läden in Lettland und Estland kann man in Vilnius zwar vielfach blind hineingehen und zugreifen, denn die angebotenen 2nd-Hand-Waren haben durchweg eine gute Qualität. Allerdings ist die Ware auch um einiges teurer. Die Schnäppchen, die wir nach längerer Suche in den Läden Estlands und Lettlands machen konnten, ließen sich in Vilnius nicht überall realisieren.  

 

Unter anderem werden wir in einem etwas unscheinbaren Gebäude der Pylimo gatve 45 fündig. Bei der kleinen Werbetafel wären wir fast daran vorbei gelaufen. Da gehen wir doch gleich mal hinein. Sogar Michael, dem solche Läden meist am Hintern vorbeigehen, erwirbt einige Artikel, die ihm im folgenden Sommer und selbst im Winter noch viel Freude bereiten werden. Lasst euch nicht von den aufgerufenen Preisen der Etiketten irritieren. In aller Regel gibt es darauf noch 30 bis 50 % Nachlass. Was für ein Irrsinn immer alles neu zu kaufen und nach wenigen Jahren Stofflappen daraus zu machen. Und dazu ist die Ware noch schadstofffrei, denn die wurde ja so oft gewaschen, da ist so gut wie nichts mehr drin. 

Gleich hinter dem Humana entdecken wir dann auch noch in der Gėlių gatve 3 ein kleines Café, das sich Boulangerie nennt. Und tatsächlich sind die Backwaren so gut wie in Frankreich, total lecker.

Und schon wieder frankophile Momente im Restaurant Balzac in der Savičiaus gatve 7, östlich des Rathausplatzbrunnens. 

Ein Haus in der Pilies gatve 30, das uns gut gefiel.

Unweit südwestlich des Stadtteils Užupis treffen wir in der Bokšto gatve 20 auf Teile der restaurierten Stadtmauer von Vilnius.

Die Bastion war Teil eines Wehrmauersystems, das aus 10 Toren bestand. Die Mauer hatte die Form eines geschlossenen Rings und umgab die Stadt auf fast anderthalb Kilometern. Sie wurde zwischen 1503 und 1522 zum Schutz der Hauptstadt des Großfürstentums Litauen vor den Angriffen des Krim-Khanats zu Beginn der Moskau-Litauischen Kriege erbaut. 

Das Krim Chanat entstand während des Zerfalls der Goldenen Horde im 15. Jh. n. Chr. und hatte sein Zentrum auf der Halbinsel KrimIm Zuge eines weiteren Krieges mit Russland 1655-1661 trug die Bastion großen Schaden davon. Ende des 18. Jh. wurde das Bastionsgebiet zur Stadtdeponie umgewandelt. Die Festung wurde im 20. Jh. wieder aufgebaut und wurde 1987 zum Museum.

Die Stein- und Ziegelmauer war ein Schlüsselelement des Verteidigungssystems und wurde von den Grundbesitzern der Stadt bezahlt. Sie enthielt neun Tore und eine Artilleriebastion. Einige der ursprünglichen Konstruktionen sind erhalten geblieben.

Heute befindet sich ein Museum in der restaurierten Anlage. Wie man an der Farbe des Backsteingemäuers gut erkennen kann, steht die Sonne schon sehr tief und der Tag geht langsam zu Ende. Für uns heißt es nun zurückzukehren zum Campingplatz. Nun bleibt uns noch ein Tag, dann ist auch die Episode Vilnius schon wieder Geschichte.